Herbert Schneider, Jahrgang 1948, ist Biologe und ein belesener Mann. Er hat den Kopf voller Gedanken, und ein guter Teil davon dreht sich um den Schutz der Natur, im speziellen um den Schutz der Donauauen.
„Aufgewachsen in Wien-Margareten lernte ich schon im Volksschulalter durch meinen Vater – der leidenschaftlicher Sportfischer war – die Donauauen kennen: vom Rollerwasser an der Floridsdorfer Brücke bis zum Blauen Wasser in Albern, von Mannswörth bis Hainburg.“
Anfang der 1960er-Jahre stürzt er sich mit großem Elan mitten ins Leben: Mit 16 Jahren macht er die Jagdprüfung, verdient sich bereits seinen eigenen Lebensunterhalt. Mit 22 schließt er die erste Ehe, maturiert und beginnt in Wien das Studium der Zoologie – aufbauend auf einem guten Fundament aus Naturerlebnissen:
„Die prägende Landschaft meiner Kinder- und Jugendzeit war das Wiener Überschwemmungsgebiet, das durch seine jahreszeitlich wechselnde, erfrischende Dynamik mein ökologisches Interesse geweckt hat.“
Als er 1971 ins Zoologe-Studium einsteigt, steht das Überschwemmungsgebiet durch den bevorstehenden Bau der Donauinsel gerade vor der Zerstörung.
Wien veranstaltet damals ein Diskussionsforum, die „Wiener Stadtentwicklungsenquete“. Im Arbeitskreis „Prater/Lobau“ unter der Leitung von Anton Klein fordert man, das Überschwemmungsgebiet und die Lobau unter Schutz zu stellen.
Herbert Schneider fällt in den Diskussionen durch leidenschaftliches Engagement auf und wird 1972 als erster Biologe in das neue Grünflächenreferat der Wiener Stadtplanung berufen. Damit nimmt die Karriere als Naturschützer ihren Anfang.
„Damals fand erstmalig der Kampf zweier Denkweisen statt. Es war ein zähes Ringen zwischen den etablierten Architekten, den Vertretern der traditionellen Denkweise zerstörerischer Technik, gegen die damals noch nicht anerkannten Landschaftsplaner, den Vertretern einer fortschrittlichen Denkweise naturnaher Ökoplanung.“
Herbert Schneider beschäftigt sich nun mit der Unterschutzstellung des Mauthnerwassers im Unteren Prater, mit der Unterschutzstellung der Lobau, mit der Alberner Au und mit der Planung der Donauinsel. Als Mitglied der Naturschutzjugend arbeitet er an der Kartierung der Wiener Kleingewässer. Die Wiener Naturschutzjugend erhält in der Folge 1981 „für die Erhebung und Erhaltung der Tümpel im Raum Wien“ den Dr.-Karl-Renner-Preis.
Im selben Jahr heiratet Schneider erneut, gründet eine Familie, schließt das Lehramtsstudium Biologie ab, beendet sein vier Jahre lang nebenher laufendes Medizinstudium und wird zunächst AHS-Lehrer am Stiftsgymnasium in Melk und später in Tulln.
Das Naturschutz-Engagement setzt er fort, gründet mit seinen Schülern Umweltspürnasen-Gruppen, lässt die Kinder Feuchtbiotope anlegen, Trockensteinmauern bauen und Bäume pflanzen.
„Die Entfremdung von der Natur begann sich bei der jungen Generation bemerkbar zu machen. Die Naturerlebnisgruppen, die damals zur ständigen pädagogischen Einrichtung wurden, waren der Ersatz für die fehlende Erziehung im Elternhaus und die kaum mehr mögliche selbständige Entfaltung im eigenen Lebensraum.“
Für ein Schulprojekt zur Revitalisierung der Großen Tulln erhält er 2001 den Hans-Czettel-Förderungspreis für Naturschutz des Landes Niederösterreich.
Als 1984 der Kampf um das geplante Donaukraftwerk Hainburg die Republik erschüttert und der Nationalpark Donauauen verwirklicht werden soll, erinnert sich Herbert Schneider an seine Wurzeln in den Donauauen unterhalb von Wien.
Er beginnt die Geschichte dieser Landschaft zu erforschen, erstellt ein pädagogisches Konzept für Nationalparkbetreuer, ein Konzept für ein Besucherleitsystem, erarbeitet Manuskripte für Exkursionsführer und produziert ab 1998 gemeinsam mit Gerald Navara Video-Interviews mit Zeitzeugen, die von der bewegten Geschichte des Donaustroms und seiner Auwälder erzählen.
Die grundsätzlichen Fragen, die sich Herbert Schneider im Zuge dessen immer wieder gestellt hat: „Was ist Landschaft? Ist sie wirklich? Ist sie ein Produkt des Gehirns?“
Seine selbst gewonnene Antwort: „Die Landschaft gestaltet Werte und Normen. Sie wirkt als Filter. Jede Zeit besitzt ihre eigene Erinnerung, Ideologie. Unsere Denkweisen korrespondieren mit dem Wandel der Landschaft.“