Der Wiener Gerhard Neuhold, dessen Familie aus Kärnten stammt, beobachtet seit dem Jahr 2010 die Obere Lobau genauer und intensiver als jeder andere. Mehrmals pro Woche zieht er mit Rucksack, Fernglas und Fotoapparat in das Gebiet zwischen Biberhaufenweg, Dechantlacke, Panozza-Lacke, Saltenstraße und Tischwasser. Mittlerweile scheint er hier die Wildtiere ebenso so gut zu kennen, wie die Wildtiere ihn.
Seine Beobachtungen teilt er mit der Forstverwaltung, mit BirdLife und mit den Mitarbeitern des Naturhistorischen Museums. Wie es dazu kam, ist eine wahrhaft schicksalhafte Geschichte. In eigenen Worten:
„Am 1. August 2004 hatte ich Rücken- und Kopfschmerzen. Am nächsten Tag ging ich trotzdem zur Arbeit. Meine Lebensgefährtin Ulli und ich hatten damals eine Sanierungsfirma und viel zu viel Stress.
Zwei Tage später wurden meine Schmerzen so schlimm, dass ich ins AKH ging. Ergebnis: ein Aneurysma im Kopf geplatzt (Anm.: krankhafte Erweiterung einer Arterie), Operation, Intensivstation, zwei Schlaganfälle, globale Aphasie (Anm.: schwerste Störungen bei Sprachverständnis und Sprachproduktion), acht Wochen Neurologisches Rehabilitationszentrum Rosenhügel.
Danach in einer Selbsthilfegruppe für Aphasiker mühsam die Sprache wiedergewonnen. Dann, eines Tages, kam es mit ein paar netten Freunden aus der Gruppe zu einer Wanderung in die Obere Lobau.
Dort bin ich „picken geblieben“ und hatte mit einem Mal die Gelegenheit, Tag für Tag Spannendes und Interessantes beobachten zu können, viele nette, neue Menschen kennenzulernen und ein bisschen mitzuhelfen, die schöne Natur zu schützen. Heute sage ich: Danke Aneurysma! Ohne diesen Schicksalsschlag hätte ich kein zweites Leben und dies alles nie erfahren dürfen.“
Fotos: Robert Eichert, Manfred Christ