Der ehemalige Wiener Bürgermeister Michael Häupl, der als Umweltstadtrat 1992 über die Medien als erster den Gedanken einer Untertunnelung der Lobau ins Spiel gebracht hat, war zeitlebens ein Verfechter der Wiener Nord-Ost-Umfahrung – sie wäre seiner Meinung nach unumgänglich.
Eine Brücke mitten durch den zunächst nur angedachten und schließlich mit großem Stolz eingerichteten Nationalpark wollte er unter allen Umständen vermeiden.
Gleichzeitig plädierte er bei jeder Gelegenheit dafür, vor dem möglichen Bau eines Tunnels unbedingt mit höchstmöglicher Sorgfalt die Auswirkungen auf die Grundwasserströme und die Wasserbewirtschaftung der Lobau zu prüfen – um Schäden zu vermeiden, die sich später nicht mehr reparieren lassen würden.
Wissenschaftlichen Studien begegnete Häupl generell eher misstrauisch, vor allem jenen zur Verkehrsentwicklung; im Gegensatz zu anderen, die besagten, dass der Tunnelbau den Grundwasserströmen und somit der Lobau garantiert nichts anhaben könne.
Dass Michael Häupl in seiner Eigenschaft als Biologe zwischen Verbauung und Naturschutz politisch hin- und hergerissen war, zeigt ein Statement vom 29. Juni 2000. Sich selbst ein wenig hinterfragend, stellte er im Gemeinderat mahnend das bis heute währende stadtpolitische Streben des Betonierens philosophisch in Frage:
„Wenn man sich die Geschichte ein bisschen näher betrachtet: „Wer war zuerst da, die Natur oder die Stadt?“, dann werden wir vielleicht die neue Bescheidenheit auch in der Urbanität lernen, was eine sehr vernünftige Sache wäre, weil wir damit begreifen, dass wir als biosoziale Wesen von dem auch abhängig sind.“
Quelle:
50. Sitzung des Gemeinderats vom 29. Juni 2000 (Seite 17)
Foto:
Kurt Kracher (2007)