Vor mehr als 50 Jahren finden sich Naturschützer und Wissenschaftler zusammen, um in letzter Sekunde die Lobau vor einer Autobahn, einer Schnellstraße und vor dem ungezügelten Ausbau des Tanklagers zu retten.
Bald danach, vor exakt 50 Jahren, wird jener Verein gegründet, der bis heute den Begriff „Lobaumuseum“ repräsentiert, der gezwungenermaßen erneut um den Fortbestand der Lobau kämpft – und der diese Website betreibt.
Die Geschichte beginnt am 11. November 1972, als in einem Kellerlokal des Aquarienvereins „Zierfischfreunde Donaustadt“ in der Wagramerstraße 97-99 eine „Lobau-Ausstellung“ eröffnet wird.
Das Interieur ist karg: ein überschaubarer, fensterloser Raum, ein Kanonenofen, an den Wänden Schilfgeflechte, Wildtierfotos von Franz Antonicek und Norbert Sendor, sowie eine Reihe von Aquarien mit heimischen Fischarten. Dennoch ist die Ausstellung gut besucht. Wer im Naturschutz etwas auf sich hält, kommt hierher, um auf einer Unterstützerliste zu unterschreiben, etwas zu spenden und damit ein Statement zu setzen.
MEDIENSTAR ANTON KLEIN
Der Obmann des „Zierfischfreunde Donaustadt“, der Polizist Anton Klein, ist 1972 in eine heftige mediale Auseinandersetzung mit der Stadt Wien um den Schutz der Lobau vor Autobahn- und Schnellstraßenprojekten und einem Ausbau des Tanklagers verwickelt.
Seine Kampagne wird von einer „Interessengemeinschaft zum Schutz der Lobau“ (später: Rettet die Lobau) getragen, an welcher der Österreichische Naturschutzbund, der WWF, der Weltbund zum Schutze des Lebens, der Verein natürlichen Lebens und eben die Zierfischfreunde Donaustadt beteiligt sind.
Am 6. Jänner 1973 will Anton Klein das Konglomerat aus unterstützenden Organisationen in einem Dachverband versammeln. Er gründet im Rahmen einer konstituierenden Versammlung den „Verband für Umweltschutz und Gesundheitssport“.
DER NEUE VEREIN
Die ersten Funktionäre des neuen Vereins sind Anton Klein als Vorsitzender, Norbert Sendor als sein Stellvertreter, Walter Orth als Schriftführer, Herbert Novotny als Kassier. Dazu kommen einige andere, wie der Schüler und Aquarianer Wolfgang Strobl, der Angler Peter Herzig, der junge Naturfotograf Josef Hadrigan und – als Seele des Vereins – die betagte, gutherzige Margarethe Grohmann.
“Gesundheitssport” wird vermutlich deshalb eingeflochten, weil der frischgebackene Vorsitzende ein begeisterter Sportler ist, der nach dem Ideal eines gesunden Körpers strebt und sich seit jeher im Polizeisportverein engagiert.
Kleins hochfliegende Pläne, die Mitglieder der Interessengemeinschaft über seinen „Verband“ dirigieren zu können, gehen nicht auf. So kommt es dazu, dass die einzige und vornehmste Aufgabe des „Verbandes für Umweltschutz und Gesundheitssport“ der Betrieb des Lobaumuseums wird.
Im Laufe des Jahres 1973 wird die „Lobau-Ausstellung“ allmählich in „Lobaumuseum“ umbenannt. Von Ende Mai bis Ende Juni 1974 übersiedelt sie anlässlich der Wiener Festwochen unter dem Titel „Erlebnisraum Lobau“ vom Keller in das Donaustädter „Haus der Begegnung“.
ÜBERSIEDELUNG IN DIE OBERE LOBAU
Im Juli 1974 erhält der Verein schließlich einen Mietvertrag für ein abgewirtschaftetes historisches Gebäude in der Oberen Lobau, das Klein und seine Mitstreiter im Laufe der kommenden Monate aus eigener Kraft und aus eigener Tasche renovieren.
Am 16. März 1975 wird das Gebäude des neuen „Lobaumuseums“ feierlich eröffnet – von der Stadt offiziell anerkannt und vom Stadtschulrat für Schulklassen ausdrücklich empfohlen.
2009 – 34 Jahre später – ist Anton Klein 84 Jahre alt und sein Museum von der Bausubstanz her wieder einmal ein Sanierungsfall. Weil Klein keinen Streit auslässt und die Stadt ohnehin kein Geld zur Verfügung stellen will, um das denkmalgeschützte Objekt zu restaurieren und zu modernisieren, wird das Museum geschlossen.
Nach dem Tod von Anton Klein im Jahr 2013 lassen die verbliebenen Mitglieder in Zusammenarbeit mit einigen Sympathisanten den alten Verein wiederaufleben. Sie reformieren ihn, veröffentlichen eine Website und ändern seinen Namen von „Verband für Umweltschutz und Gesundheitssport“ auf „Lobaumuseum – Verein für Umweltgeschichte“. Der neue Vorsitzende heißt Norbert Sendor. Er war schon 1973 mit dabei.
NEUES ZIEL: UMWELTGESCHICHTE
Die Mitglieder des runderneuerten Vereines haben anfangs die Absicht, in erster Linie Anton Kleins Bürgerinitiative zur Rettung der Lobau zeitgeschichtlich zu dokumentieren und Neues aus der langen Geschichte des Gebietes ans Tageslicht zu bringen. Das kann jedoch nur zum Teil in die Tat umgesetzt werden, aus einem zwingenden Grund:
Als nämlich 2015 klar wird, dass sämtliche Pläne der Stadt, die Lobau endlich mit Wasser zu versorgen, auf unbestimmte Zeit verschoben worden waren, musste einfach gehandelt werden.
Mit einem Mal war es wieder so wie vor 50 Jahren. Damals hieß es: Naturschützer gegen die Stadt, um den Tod der Lobau durch Autobahn und Industrie zu verhindern. Heute läuft dieselbe Konfrontation, um den Tod der Lobau durch Verlandung und Austrocknung zu verhindern.
KAMPF UM DIE LOBAU – WIE VOR 50 JAHREN
Die Argumente der Stadtverwaltung und der Stadtregierung sind dieselben wie seinerzeit: Das geht nicht so einfach, das geht nicht so schnell, da sind uns die Hände gebunden, wir haben ja Verantwortung zu tragen, wir haben leider kein Geld, da könnte ein jeder kommen, wegen ein paar Quälgeistern werden wir nichts unternehmen.
Manchmal wird auch die Wahrheit verbogen, sinnvolle Vorschläge der Opposition werden blind in Grund und Boden gestimmt und um politische Makel zu überdecken, werden Schlagwörter wie „Umweltmusterstadt“ und „Klimaschutz-Stadt“ verkündet. Währenddessen geht die Lobau langsam zugrunde.
Das Gute daran: Wie zu Anton Kleins Zeiten hat die Untätigkeit der Stadt auch heute wieder eine hochrangige Truppe aus Naturschützern und Wissenschaftlern zusammengebracht, die nicht daran denkt, in der Auseinandersetzung mit der Wiener Regierungspolitik klein beizugeben.
Zur Erinnerung: Anton Klein und seine Unterstützer haben 1973 das Match gegen die Stadt gewonnen. Autobahn und Schnellstraße wurden auf medialen Druck hin abgesagt, Industrieland wurde wieder rückgewidmet und die Lobau 1978 unter Naturschutz gestellt.
Das macht Mut:). Hoffentlich beteiligen sich noch viele Menschen an der Rettung der Lobau.
Bitte am BAll bleiben…
herzlichen Dank für Eure Artikel. ich freue mich, dass auch mein Vater in positiver Erinnerung geblieben ist.
liebe Grüße Barbara Antonicek babsi.antonicek@gmail.com