Am Sonntag, den 29. März haben Sabine Zwierschitz und Helmut Sattmann, Anrainer der Lobau in Wien-Eßling, um etwa 14 Uhr in der Oberen Lobau einen jungen Hirsch beobachtet, der in Panik versucht hat, dem Druck der Menschenmassen und der frei umherlaufenden Hunde zu entfliehen. „Auch die Hasen wissen nicht mehr, wohin sie flüchten sollen“, meint Helmut Sattmann bekümmert. Denn maximal jeder zweite Hund ist angeleint, Wegegebote werden komplett ignoriert, an den Gewässern werden Corona-Partys gefeiert und weil die Mistplätze geschlossen sind, wird in der Lobau Sperrmüll abgelagert.
Grund genug für einen Brief voller Sorge, der noch am gleichen Tag an den Wiener Bürgermeister, die Vizebürgermeisterin, die Bezirksvorstehung, den Nationalpark und die Bezirkszeitungen verschickt worden ist. Hier im vollen Wortlaut:
“Nun dauert die Phase des verordneten Social Distancing schon zwei Wochen. Die Statistiken geben schwankende Hoffnungen und der Mega-Run auf die Lobau ist ungebrochen. Wir leben in dieser Region nun schon an die zwanzig Jahre, aber so einen Ansturm haben wir noch nie gesehen.
Die guten Nachrichten zuerst. Wie schön, dass eine große Stadt auch große Grünräume hat, wie schön, dass Kinder, Eltern, Ältere, Sportler, Hunde (-Besitzer) und andere Naturbewegte hier Luft zum Atmen kriegen. Erfreulich ist auch, dass die meisten Menschen versuchen, die empfohlenen Distanzen einzuhalten, einem auffallend höflich und freundlich begegnen und Gruppen meist den Eindruck vermitteln, wirklich Familienverbände zu sein. Ganz selten sind Jugendgruppen zu sehen, die vermutlich nicht an der gleichen Adresse gemeldet sind. Aber auch die verhalten sich meist cool. Die große Zahl der Menschen, die raus wollen und jetzt die schöne Lobau entdecken, geben Grund zur Freude, weil viele jetzt den Wert einer naturnahen Landschaft erkennen.
Jede Krise hat ihre guten Seiten, aber natürlich auch viele schlechte. Im Nationalpark sollten alle Hunde angeleint sein. Sehr viele Hundebesitzer halten sich nicht daran. Freilaufende Hunde beunruhigen Menschen, die Angst vor Hunden haben und in der Folge vor Arzt- oder Spitalsbesuchen – verschärft in Zeiten wie diesen, wo medizinisches Personal anderswo gefordert ist.
Freilaufende Hunde beunruhigen auch die Wildtiere, die jetzt durch den Ansturm ohnehin besonders beunruhigt sind. Spricht man Hundebesitzer darauf an, bekommt man so Antworten wie „mein Hund tut keinem was“, „erwischt sowieso keinen Hasen“, „braucht den Auslauf“. Nur wissen das jene nicht, die beunruhigt sind, Hasen, Rehe, Menschen …. Ein zusätzliches praktisches und hygienisches Problem ist die viele Hundescheiße im Wald.
Die Lobau ist ein Naturschutzgebiet und Teil eines Nationalparks! Und kein Beserlpark, kein städtischer Park und keine Hundezone. Der ökologische Wert dieses Gebiets liegt darin, dass es einen Hotspot der Biodiversität darstellt, dessen besonderer Wert in der Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt liegt.
Aufgrund der hohen Nutzerzahlen wächst derzeit auch der Müll im Wald. Von Taschentüchern, Klopapier, Einweghandschuhen, vollen und leeren Gackerlsackerln und Picknicküberresten, bis zum Müll von Coronapartys ist alles Mögliche zu finden. Das ist nicht nur ästhetisch und hygienisch ein Jammer, sondern auch eine echte Verschmutzung der Umwelt. Nach der Krise sollten wir uns zu einer Entrümpelung zusammentun!
Eine Folge des „Distancing“ ist auch die Suche vieler Menschen nach ruhigen Plätzchen, so dringen immer mehr in die bislang wenig begangenen Bereiche ein, jede Familie, jedes Paar, jeder Einzelne will eine Wiese oder ein einsames Waldstück für sich allein. Damit entstehen nicht nur immer mehr Trampelpfade, sondern auch die Wildtiere finden keine Ruheplätze und Verstecke mehr. Die besondere Flora und Fauna des Naturschutzgebietes werden möglicherweise massiv geschädigt. Dazu kommt noch, dass die Stadt Wien beharrlich die Wasserdotation verweigert, dadurch sind ökologisch wertvolle Gewässer trockengefallen, in denen sich nun Hunde und Besucher tummeln.
Damit dieses wertvolle Naturschutz und Erholungsgebiet in seiner Qualität erhalten bleibt, würden wir uns wünschen,
- dass alle Besucher im Auwald ökologisches und soziales Verantwortungsgefühl mit sich tragen (und es ihren Kindern weitergeben),
- die Hundebesitzer ihre Hunde im Nationalpark an die Leine nehmen (und Gackerlsackerl dabei haben und auch wieder mitnehmen),
- die Besucher keinen Müll hinterlassen,
- die Besucher auf den (markierten) Hauptwegen bleiben und insbesondere die Gewässerufer abseits der definierten Naturbadeplätze in Ruhe lassen,
- die Nationalparkverwaltung zur Aufrechterhaltung der Ordnung und der Schutzziele mit Informationen und Verhaltensregeln stärker sichtbar wird,
- die Stadt Wien endlich Wasser in die Au lässt!
- Die Stadt Wien ambitionierter dafür sorgt, dass die Lobau ein Naturjuwel bleibt.
Sabine Zwierschitz & Dr. Helmut Sattmann”
Der Artikel bringt die Probleme der Lobau auf den Punkt.
Wir wünschen uns das dieser Bericht von allen Verantwortlichen aufmerksam gelesen wird.
Wir wünschen uns das die anstehenden Probleme gelöst werden.
Wenn wir meinen wir, so bedeutet das, das eine große Anzahl von Bürgern ein elementares Interesse an der Erhaltung unserer Restnatur haben. (ich erinnere an die 100 000 Unterschriften, Anton Klein vor ca.50 Jahren.)
Bis jetzt haben der N.P. Donau-Auen und die beiden Forstverwaltungen, gute bzw. sehr gute Arbeit geleistet. Trotzdem blieben messbare Erfolge, überschaubar. Um dieses Letzte und
Einmalige Naturjuwel zu erhalten sind weitere intensive Schutzmaßnamen erforderlich.
Der Artikel bringt die Probleme der Lobau auf den Punkt. Um dieses einmalige Gebiet ( wir haben kein Zweites) zu erhalten sind vermehrte Anstrengungen notwendig.
Wir können bestätigen das Nat. Park und Forstverwaltungen bisher Gute bzw. sehr gute Arbeit geleistet haben. Wie der Bericht unserer Freunde zeigt, ist ein Durchschlagender Erfolg bisher leider ausgeblieben.
Uns fehlt eine wirksame (messbare ) Unterstützung durch die Politik.
Das langsame (schöne!!!!) Sterben der Lobau ist bereits sehr weit fortgeschritten, es bleibt keine Zeit mehr. Pläne zur Rettung der Lobau gibt es genug.