Teichrosen und Seerosen – ein Warnsignal

Wenn die Wälder der Lobau noch winterlich farblos und blass wirken, zeigt sich Ende Februar am Grund der Gewässer schon der bevorstehende Frühling: Die Teichrosen nutzen das längere Tageslicht – und sprießen.

Die Gelben Teichrosen sind sozusagen die echten, ursprünglichen „Seerosen“ der Lobau. Ihre entfernten Verwandten, die klassischen weißen Seerosen, wurden laut der legendären Auen-Botanikerin Adele Sauberer erst in den 1920er-Jahren, angeblich aus dem Schlosspark Laxenburg, in die Lobau eingebracht.

In jenen Tagen galten sie als wahre Besonderheit: Im 1924 erschienenen, legendären Roman „Die Hegerkinder in der Lobau“ lässt Autor Alois Theodor Sonnleitner bei der Beschreibung eines Ausflugs ins Rohrwörth voller Entzückung folgenden Satz einfließen:

„Handtellergroße weiße Rosen schwammen auf der klaren Flut inmitten tellerbreiter, runder, glänzender grüner Blätter: „Echte Seerosen!“

Beiden Pflanzen, sowohl gelben Teichrosen wie weißen Seerosen, ist zu eigen, dass sie typische Gewächse stiller, verlandender Gewässer sind.

Siegfried Reissek, seines Zeichens Botaniker am Naturhistorischen Museum Wien, verfasste um 1860 das handschriftliche Manuskript “Flora der Donau-Auen bei Wien”, in dem er das damalige Vorkommen von Gelben Teichrosen entlang des ungebändigten Stromes noch als „sporadisch“ bezeichnete.

Als dann zwischen 1870 und 1875 die Donau reguliert und die Lobau durch Dämme vom Strom abgeschnitten wurde, entstanden unzählige isolierte, stehende Gewässer, in denen sich die Teichrosen rasant ausbreiten konnten.

Ihre Schönheit verdeckt die traurige Tatsache, dass sie ebenso wie die Seerosen Gewässer charakterisieren, die am Verlanden sind bzw. gerade einen langsamen Tod sterben.

Das macht es schwer, vor allem naturwissenschaftlich mindergebildeten Politikern zu verdeutlichen, dass die Untere Lobau in einem mehr als miserablen Zustand ist und unbedingt rasch mit Wasser gespeist werden muss. Wer keine Zeit zum Zuhören und Nachdenken hat, sieht bloß ein Meer aus grünen Blättern und gelben Blüten. Die Schlussfolgerung dieser Leute: Die Naturschützer nerven. Alles grün, alles in Ordnung, kein Handlungsbedarf.

Dabei sind die malerischen Teichrosenbestände nicht bloß ein Warnsignal, sondern sie tragen sogar dazu bei, die Gewässerverlandung noch zu beschleunigen: Denn zwischen ihren Blättern und Stielen lagert sich organisches Material besonders leicht ab und lässt den auf diese Weise entstehenden Schlamm allmählich bis zur Wasseroberfläche wachsen.

Die moderne Verbreitung der Gelben Teichrose in der Lobau wird 1999 von der Botanikerin Luise Schratt-Ehrendorfer folgendermaßen zusammengefasst:

„Heute spielt die Art in den Schwimmblattgürteln der ungestörten, ausreichend besonnten Gewässer eine vegetationsbestimmende Rolle. Die Verbreitungskarte zeigt, dass sie praktisch überall vorkommt, wo die Gewässer genügend tief sind, zumindest eine einige Zentimeter dicke Schlammauflage existiert, die Uferzone nicht zu steil ist und die Gewässer nicht zu sehr beschattet sind.“

Die weiße Seerose hätte, so Schratt-Ehrendorfer, „mit wenigen Einschränkungen ein beinahe identisches Verbreitungsmuster.“ Trotzdem sei sie „ein ganz junges Element der Wasserpflanzenflora der Lobau“.

Die Gelbe Teichrose gilt aufgrund ihres zerstreuten Vorkommens in Österreich als gefährdet.

Auf die früh sprießenden Unterwasserblätter folgen später im Jahr die großen langgestielten Schwimmblätter und Blüten, die bestäubende Insekten nicht nur mit ihrer auffälligen Farbe, sondern auch durch ihren intensiven Duft anlocken.

Quellen:

  • Sonnleitner, Alois Theodor (1924): „Die Hegerkinder in der Lobau“, Deutscher Verlag für Jugend und Volk, Wien (S. 204)
  • Sauberer, Adele (1939): „Aus der unteren Lobau“ In: „Natur und Land“
  • Schratt-Ehrendorfer, Luise (1999): „Geobotanisch-ökologische Untersuchungen zum Indikatorwert von Wasserpflanzen und ihren Gesellschaften in Donaualtwässern bei Wien.“ In: Stapfia 0064: 23 – 162.
  • N. N. (18.2.2024). „Wasserpflanzen – Gelbe Teichrose“ In: Nationalpark Donau-Auen https://www.donauauen.at/wissen/natur-wissenschaft/flora/gelbe-teichrose-nuphar-lutea

Alle Fotos: Kurt Kracher

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