So ausgetrocknet war es noch nie. Der Hauptgewässerzug Schönauerwasser, Schwadorfer Rinne und Kühwörtherwasser ist seit Anfang November fast komplett trockengefallen, Hunderte Fische und Großmuscheln sind verendet.
Wo ist der Krisenstab der Stadt Wien, der nun blitzschnell in großer Sorge um den Nationalpark Rettungsmaßnahmen entwirft, endlich den vermeintlichen Konflikt zwischen Grundwassergewinnung und Naturschutz bereinigt und die jahrzehntelang geplante Dotation der Unteren Lobau mit Donauwasser verwirklicht?
Anfragen erschrockener Bürger werden von der Stadt seit Jahren so beantwortet:
- Die Lobau sei im Winter auch früher immer ausgetrocknet und Fischsterben seien in der kalten Jahreszeit normal.
- Die Donau würde sich halt immer tiefer eingraben und der Lobau damit das Wasser entziehen.
Beides stimmt nicht.
Für Naturfotograf Norbert Sendor – seit 1950 ohne Unterlass in der Lobau unterwegs – ist es eindeutig:
- “So ausgetrocknet wie jetzt war es niemals. Winterliche Fischsterben hat es immer gegeben, aber fast nur in den kleinen Seitenarmen und nur in extrem strengen Wintern – bei niedrigem Wasserstand und dicker Eisdecke.”
Univ. Prof. Thomas Hein, Leiter des Instituts für Hydrobiologie und Gewässermanagement an der Universität für Bodenkultur, forscht seit rund 25 Jahren in der Lobau. Auch seine Aussage ist unmissverständlich:
Die Eintiefung der Donau spielt seit Jahren keine Rolle mehr. Zitat aus der wissenschaftlichen Arbeit „Die Entwicklung der Donau-Auen bei Wien – Ursachen, Auswirkungen und naturschutzfachliche Folgen“ vom April 2013:
- „Durch die Kies-Zugabe der Verbund Hydro Power AG, welche als Kompensation für das Kraftwerk Freudenau durchgeführt wird, ist dieser Trend im Bereich der Lobau allerdings derzeit gestoppt und für die zukünftige Entwicklung nicht mehr relevant.“
Wie lange kann die Lobau noch Nationalpark sein?
Wieso hat sich die bisherige Umweltstadträtin Ulli Sima in den vergangenen 15 Jahren Null darum gekümmert?
Wieso gibt es dazu keine entsetzten und handlungsbereiten Aussagen des neuen Umweltstadtrates Jürgen Czernohorszky?
Wieso hält sich der Bürgermeister ausgerechnet in dieser Angelegenheit völlig bedeckt?
NACHTRAG
Kurz vor Jahreswechsel haben die höheren Temperaturen und die Schneeschmelze zugeschlagen: eine Hochwasserwelle hat die Situation in der Unteren Lobau kurzfristig beschönigt. Das Hochwasser ist allerdings schon wieder im Abklingen. In acht bis zehn Tagen – wenn es wieder kälter sein wird – wird der Zustand des Gebietes wieder so sein, wie vor der Hochwasserwelle.
Fotos: Kurt Kracher
Weitere Aufnahmen: Kühwörther Wasser, Künigltraverse, Schönauer Wasser, Schwadorfer Rinne
Hat die Abschaltung der Sperrbrunnen beim Ölhafen und die Wiederherstellung der Zuleitung aus dem Mühlwasser bis jetzt ein bisschen genützt? Wäre es sozusagen ohne diese Maßnahmen noch schlimmer oder braucht es Zeit, bis sie wirken? Und ist die von der Stadt versprochene Zuleitung über die Panozzalacke endlich in Arbeit?
Sorry für die späte Antwort. Automatische Benachrichtigung hat nicht geklappt. Abschaltung der Sperrbrunnen hat unserer Beobachtung nach im Sommer durchaus etwas gebracht. Wasserstände in DOK II und DOK III waren augenscheinlich signifikant höher als in den Jahren zuvor. Die Zuleitung von der Neuen/Alten Donau über das Mühlwasser hat 2021 ab der Saltenstraße bis zum Uferhaus Groß-Enzersdorf deutliche Wirkung zeigen können, weil das Flussbett gleich unterhalb der Saltenstraße knappe 10 cm abgegraben wurde. So konnte das Wasser wieder bis zur Esslinger Furt und weiter hinab gelangen. Beim Uferhaus Staudigl war leider Schluss. Dort ist die Gewässerrinne mit einem Damm aus Holzbalken abgesperrt. Es darf nämlich laut Wasserrechtsbescheid kein Tropfen Wasser über diesen Damm hinaus in die Untere Lobau fließen, weil sonst die Brunnen des Grundwasserwerks Lobau gefährdet wären (schwören die Wasserwerke). Das ist ein derzeit heiß diskutierter Konfliktstoff: Muss die Untere Lobau zwangsweise verlanden und vertrocknen, weil durch jede Art von Wassereinspeisung das Grundwasser gefährdet wäre? Leider kümmert das die Stadtregierung genau Null.
Jetzt baut man sogar für den Liesinger Pappelteich eine Wasserzuleitung. https://www.wien.gv.at/presse/2022/03/06/sima-bischof-wasserleitung-fuer-den-pappelteich-in-wien-liesing
Aber die Panozzalacke + der Fasangartenarm müssen noch immer warten…