Der Flugverkehr über dem Gebiet des Nationalparks Donau-Auen nähert sich wieder dem Niveau von 2019 – das ist die schlechte Nachricht. Eine etwas bessere: Mit den Lockdowns und Reisebeschränkungen blieben der Unteren Lobau seit 2020 mehr als 70.000 Überflüge erspart.
Der Flugverkehr über die Untere Lobau und die angrenzenden Teile des Nationalparks Donau-Auen in Niederösterreich ist sicher nicht das größte Problem der sterbenden Auenlandschaft, der vor allem das Wasser abgeht. “Wir müssen die Untere Lobau wieder dem fließenden Wasser öffnen, damit die Donau ihre Aufgabe selbst übernehmen und ein neues Gleichgewicht von Eintrag und Austrag herstellen kann!”, so lautete der Ruf der Nationalparkverwaltung bereits vor mehr als 20 Jahren, und er blieb bis heute ungehört. Aber ein Ärgernis sind die Überflüge allemal, besonders die Landeanflüge auf den Flughafen Schwechat in geringer Höhe beim Kühwörther Wasser. (Nicht Ortskundige siehe Karte mit einem Flugspuren-Beispiel vom September 2021 unten!)
Immerhin drei Sommer lang war es nun verhältnismäßig ruhig, im vergangenen Herbst jedoch stieg die Zahl der Überflüge recht deutlich an – im September waren es knapp 90 Prozent des Werts von 2019, im Oktober und November dann ca. 80 Prozent. Dennoch: Vergleicht man die tatsächlichen Überflüge der letzten drei Jahre mit dem, was ohne die Covid-19-Krise und ihre Folgen zu erwarten gewesen wäre, blieben der Unteren Lobau seit 2020 zumindest 70.000 Überflüge erspart – in etwa das Gesamtaufkommen von eineinhalb “normalen” Jahren.
Der nachstehenden Grafik sind die Flugbewegungen über die Lobau seit Anfang 2019 bis inklusive November 2022 zu entnehmen, getrennt nach Starts und Landungen. Die Entwicklung entspricht in etwa der am Flughafen Schwechat insgesamt.
Für 2022 rechnet die Flughafen AG nun mit 23 Millionen Passagieren (2019: 31,7 Millionen). Wie sich das Fluggeschäft 2023 im Kontext des erwarteten Abschwungs der Weltwirtschaft und der Energie- und Wirtschaftskrise in Europa entwickeln wird, weiß natürlich niemand. Eines steht aber jetzt schon fest: Es ist mit mehr Greenwashing zu rechnen. Wie der Vorstand der Flughafen AG verkündete, wird der Flughafen Schwechat ab Jänner 2023 “einer der ersten Green Airports Europas sein”. Diese Verwandlung ist 45 Hektar an Solarpanelen zu verdanken, die den Strombedarf des Flughafens decken werden. Macht das Beispiel Schule, dann müssen wir uns in nicht so ferner Zukunft auch mit grünen Flüssiggastankern, grünen Ölförderanlagen und grünen Kohlebergwerken vertraut machen.
Flugverkehr: Infos für nicht Ortskundige
Startende Flugzeuge (grüne Linien) überfliegen zwar ein größeres Gebiet, aber in der Regel in größerer Höhe, während Flugzeuge im Landeanflug (violette Linien) zwar eine schmale Einflugschneise nutzen, den Auwald aber in wenigen hundert Metern Höhe überfliegen, mit weit größerem Störpotenzial. Das betroffene Gebiet umfasst einen 400 bis 800 Meter breiten Streifen zu beiden Seiten der Zentrallinie der Überflüge. Die sich daraus ergebende Fläche von ca. 480 Hektar entspricht fünf Prozent der Gesamtfläche des Nationalparks, aber mehr als 20 Prozent des Wiener Teils!
Links & Quellen
- Lobaumuseum: Untere Lobau: Überflüge legen wieder zu
- Lobaumuseum: Überflüge um zwei Drittel reduziert
- Studie zu Einflugschneisen & Vogelwelt – Teil 1 (Literaturstudie, 2008): Auswirkungen von Flugzeug-Einflugschneisen auf die Vogelwelt unter besonderer Berücksichtigung von Großvögeln und Arten aus dem Anhang I der EU-Vogelschutzrichtlinie.
- Teil 2, englisch mit deutscher Zusammenfassung: Freilandbeobachtungen
- Flughafen Wien AG, Nov. 2022: Aufwärtstrend bei Passagieren, Umsatz und Ergebnis hält weiter an
Titelfoto: Kurt Kracher