Anton Klein, der Gründer des Lobaumuseums, hat in seiner Liebe und Leidenschaft für den Auwald einen Vorgänger gehabt: Carl August Reitmayer – zu Beginn des 20. Jahrhunderts einer der bekanntesten Aquarianer und Terrarianer Österreichs.
Reitmayer beschäftigte sich wie Klein intensiv mit tropischen Tieren und Pflanzen, nutzte aber trotzdem, wiederum wie Anton Klein, jede Gelegenheit, um Plädoyers für die Wunderlandschaft der Donau-Auen zu halten.
Hauptberuflich war er Ober-Revisor (Oberrechnungsprüfer) bei der Postsparkasse, wohnhaft in der Schüttelstraße, später in der Erdbergerlände.
Nebenberuflich war Reitmayer Mitglied in mehreren Wiener Aquarienvereinen (Vorsitzender im Verein “Cyperus”, ab Jänner 1921 Ehrenvorsitzender) und im damals noch jungen „Verein für Landeskunde und Heimatschutz“ (Heute: Naturschutzbund). Seine Spezialgebiete waren Meeresaquarien, Sumpf- und Wasserpflanzen, wasserlebende Spinnen und Insekten – und heimische Fische.
Reitmayers Expertise war im gesamten deutschsprachigen Raum gefragt. In den ersten zwanzig Jahren des 20. Jahrhunderts hielt er viele als „meisterhaft“ überlieferte Vorträge und schrieb unzählige Artikel.
Zwischen 1909 und 1912 überzeugte er das Publikum des “Wiener Volksbildungsvereins” mit Lichtbildern von der Schönheit der Auen. Die Titel seiner Vorträge: “Aus den Donauauen bei Wien”, “Die Au”, “Heimische Sumpf- und Wasserpflanzen mit Bezug auf das Aquarium” und “Eine Exkursion in den unteren Prater”.
In der „Wochenschrift für Aquarien- und Terrarienkunde“ vom 20. April 1909 veröffentlichte Reitmayer „Ein Wort für unsere einheimischen Fische“ – ein Artikel, der auch aus der Feder Anton Kleins hätte stammen können:
„Warum denn aber gar so intensiv für das Ausländische schwärmen und es in jeder Weise bevorzugen, wo es an Einheimischen noch so unendlich viel zu beobachten und zu lernen gibt! Haben wir nicht auch schöne, interessante, charakteristische Fische? Bitterlinge und Stichlinge im Hochzeitskleide? Wenn diese zufällig einmal Exoten wären, was würde man an diesen Fischchen nicht alles schön und wunderbar und hochinteressant finden, wie würden sie begehrenswert sein!“
Für die Zeitschrift „Blätter für Aquarien- und Terrarienkunde“ verfasste Carl August Reitmayer 1912/1913 eine vierteilige, schwärmerische Artikelserie mit dem Titel „Die Au – in verschiedenen Jahreszeiten, vom Standpunkt des Aquarienfreundes“. Er bezog sich dabei sowohl auf den Prater, als auch auf die Lobau:
„Wie schön ist die Au auch in ihrem Winterkleid! Die gefrorenen Wasserläufe, die schneebedeckten Wiesenflächen, der Rauhreif an den Zweigen, die Ruhe und Einsamkeit inmitten der schweigenden Natur. Alles Leben unter der warmen, schützenden Decke in tiefen Schlaf versunken. Doch das lässt sich mit Worten nicht ausmalen, das muss man selbst sehen und empfinden.“
Am 20. Dezember 1910 präsentierte er am Weihnachtsabend des (noch heute existierenden) Aquarienvereins „Lotus“ einen Lichtbildervortrag über „Die Praterauen und ihre Bedeutung für den Aquatiker.“
Im Wochen später erschienenen Bericht des Vereines wurde dies folgendermaßen dokumentiert:
„Der Vortragende führt in formvollendeter Rede uns die Schönheiten der Au vor; zeigt uns ihre Pracht in jeder Jahreszeit. Mit stiller Wehmut berichtet er, wie wenige von uns all’ die Herrlichkeiten kennen, die unsere heimischen Auen, die Praterau und die Lobau, bergen: „Wir schauen, aber wir sehen nicht!“
„So schauen wir im Geiste die Wunder der Au, aber wir sehen sie auch, denn in einer überreichen Fülle von Lichtbildern führt sie uns Herr Reitmayer vor Augen: das Hechtenwasser, das Heustadtlwasser, den Eisteich aus dem Prater, die Lobau mit ihren uralten Baumbeständen und malerischen, traumverlorenen Wasserläufen. Der Redner schließt mit dem Wunsche, wenn es ihm geglückt sein möge, auch nur einen einzigen neuen Freund für die Schönheit unserer heimischen Auen gewonnen zu haben, dann sei seine Mühe reichlich belohnt. Mitglieder und Gäste, die in Spannung dem Vortrag gelauscht, brachen in lauten Beifall aus.“
Carl August Reitmayer – von dem uns leider kein Foto bekannt ist – verstarb am 28. Oktober 1928 im 64. Lebensjahr. Er wurde am Lainzer Friedhof bestattet.