“Kennen Sie einen Techniker, der einen Baum machen kann?”

Wer den Donau-Auen einmal verfallen ist, der kommt nicht mehr von ihnen los.

So erging es auch Josef Hadrigan, der sich 1972 als 19jähriger den Rebellen rund um Anton Klein anschloss, um die Lobau vor einer Autobahn und neuen Industrieanlagen zu bewahren.

Von da an verbrachte Hadrigan jede freie Minute an der Donau, um Tiere, Pflanzen, Landschaften und Stimmungen zu fotografieren. Ab 1975 zog er mit dem Dia-Vortrag „Die Lobau – Naturparadies inmitten der Großstadt“ durch die Wiener Gasthäuser und Vereinslokale.

Josef Hadrigan starb 2011 im Alter von 58 Jahren.
Nun sind in seinem Nachlass das umfangreiche Skript und mutmaßlich etwa die Hälfte der Fotos seines letzten Vortrages aus dem Jahr 1993 wiedergefunden worden:

„Naturparadies Donau-Auen“, 70 Minuten lang, von Musik begleitet, Premiere am 21. April 1993 um 20 Uhr im Saal der Pfarre „Kagraner Anger“ in Wien-Donaustadt.

Hadrigans Text schwankt zwischen glühender Begeisterung für die Schöpfung und purer Fassungslosigkeit über deren Zerstörung. Er beginnt mit dem Satz:

„Ich werde versuchen, Sie zum Nachdenken anzuregen.“

In der Folge bringt er – neben flammenden Naturbeschreibungen – Argumente und Einsichten, die bis heute unglücklicherweise nichts von ihrer Gültigkeit verloren haben:

“Man kann den Naturschutz nicht aus dem wirtschaftlichen und kulturellen Umfeld herauslösen und isoliert betrachten.“

„Kein Mensch käme wohl auf die Idee, ein Kulturgut unseres Landes sinnlos der Zerstörung preiszugeben. Wenn es um die Naturlandschaft geht, ist der Mensch nicht so zimperlich. Ehe er auf ein winziges Bisschen seines Wohlstandes verzichtet, lässt er sich lieber seine Lebensgrundlagen zerstören – und nicht nur seine, sondern auch diejenigen seiner Kinder, Enkel und Urenkel.“

„Nehmen wir uns alle einmal selbst bei der Nase: Vom Umweltschutz reden ist ja recht schön, aber leider zu wenig. Wir müssen auch bereit sein, etwas zu tun.“

„Sie werden mit Recht fragen: Worin liegt denn eigentlich der Hauptwert der Au? Darauf könnte ich rein philosophisch antworten: Und worin liegt der Hauptwert der Musik, der Literatur, der bildenden Künste, der menschlichen Gesellschaft schlechthin? Wieviel weniger wert wäre das Leben, wenn alle diese Komponenten nicht existieren würden. Die Natur ist die Grundlage der menschlichen Existenz.“

“Ist es uns Großstadtmenschen nicht einfach ein Bedürfnis, manchmal der Enge unserer Betonschluchten zu entfliehen, um Ruhe und Entspannung in der Natur zu suchen?”

„Der Mensch wird lernen müssen, mit der Natur und nicht gegen die Natur zu leben. Kennen Sie einen Techniker, der einen Baum machen kann? Ich nicht.“

“Funktionierende ökologische Systeme sind Güter, die sich nicht beliebig produzieren und vermehren lassen.”

Im zweiten Teil des Vortrages wird Hadrigan zusehends schwärmerisch und schwelgt in der Erinnerung an seine Erlebnisse:

„Schnell ist so ein Tag in der Au vergangen und die schrägen Strahlen der untergehenden Sonne lassen den Donaustrom erglänzen.“

Ganz am Ende holen ihn düstere Vorahnungen ein:

„Der Abschied von meinem kleinen Paradies fällt mir sehr schwer. Wer weiß, ob ich es bei meinem nächsten Besuch wiederfinde, und wenn ja, in welchem Zustand.“

 

18 gefühlvolle Fotos aus Josef Hadrigans wiederentdecktem Vortrag:

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